Montag, 4. März 2013

Kennzahl Inflation: Der Irrglaube es gäbe eine Eindeutige

Vielfach wird moniert die offiziellen Inflationszahlen seien zu gering angegeben. Ob dies zutrifft oder nicht ist wohl ein endloser Streit. Aber einen dahinter liegenden Irrglauben, möchte ich entkräften: Den Irrglauben es gäbe eine richtige objektive Inflationszahl. Dies ist nämlich keineswegs so.

Aber rekapitulieren wir kurz was die Inflation ist:
Die Inflationsrate gibt an um wie viel sich ein repräsentativer Warenkorb innerhalb eines Jahres (oder einem anderen Zeitabschnitt) ändert.

Natürlich muss man einen Warenkorb nehmen, das bringt aber Probleme mit sich.

1. Verschiedene Menschen konsumieren verschiedene Warenkörbe

Ein Hartz 4 Empfänger gibt mehr als 5% seines Einkommens für Nahrung aus. Andere geben aber nur 5% ihres Einkommens dafür aus. Die Zusammensetzungen des Warenkorbes nach Produktgruppen sind massiv unterschiedlich. Auch fährt zur Befriedigung seines Mobilitätsbedürfnisses ein Hartz 4 Empfänger in der Regel keinen Ferrari. Wenn Ferraris teurer werden, dann ändert sich in seinem Leben gar nichts. Gleiches dürfte andersrum gelten. Gerade hier liegt im aktuellen Fall eine Differenz zwischen der offiziellen Inflation und der vom "kleinen Mann". Denn Nahrungsmittel werden teurer. Diese Teuerung schiebt sich aber von "unten auf". Wenn zum Beispiel der Preis No-Name Orangensaft von 0,99 EUR auf 1,49 EUR steigt, dann steigt der Preis für Marken-O-Saft von 1,99 auf 2,49. Zumindest ist tendenziell die Entwicklung so. Nicht nur das Nahrungsmittel also einen höheren Anteil am Warenkorb haben, auch die Nahrungsmittel die Sie konsumieren verteuern sich unterschiedlich. So oder so: Bei der Findung eines "durchschnittlichen Warenkorbes" wird ein Durchschnittlicher Konsument gebildet. Und die Abweichung von Durchschnitt zum Individuum und zu großen Bevölkerungsschichten ist alles andere als Trivial.

2. Zusammensetzung des Warenkorbes ändert sich

Wenn man das ignoriert, dann könnte man Feststellen, das die Kaufkraft der Unterschicht in Deutschland vor ein paar Jahrhunderten größer war als Heute. Warum? Damals war ein armer Mensch (Tagelöhner) in der Lage von seinem Einkommen seinen Eiweißbedarf mit Stör zu decken. Der Stör war Arme-Leute essen. Heute sind die Eier des Störs besser bekannt als Kaviar und eine extrem teuer Delikatesse. Das ändert allerdings nichts daran das heutige arme Menschen absolut gesehen viel Wohlhabender sind.

3. Nutzenwert aus einem Warenkorb

Das hängt damit zusammen, das man auf den Nutzen abstellen sollte. Denn statt Stör kann man einfach eine andere Fischart essen, oder eine andere Eiweissquelle. Dann bleibt der Nutzen gleich, aber zu geringeren Kosten. Es gibt quasi eine Verpflichtung sich glücklich zu machen, zu möglichst geringen Kosten, will man in den Genuss der ofiziellen Inflationsrate kommen. Wie weit man das treibt, ist auch eine kulturelle Frage. Die Deckung des Eiweißbedarfs durch Insekten gehört heute sicher nicht dazu. Sollen Insekten aber kulturell akzeptiert werden, und kein Ekel oder Stigma in der Mehrheitsgesellschaft auslösen, könnte es durchaus dazu kommen.

4. Produktverbesserungen

Ein TFT-Fernsehr ist Flimmerfreier als ein 100 Hz Fernsehr. Wie soll also der TFT Fernsehr bewertet werden. Würde er als besserer 100 Hz Fernsehr bewertet werden, wäre das technisch korrekt. Aber eines würde unter den Tisch Fallen: Das es gar keinen klassischen Fernsehr gibt. Die angenommene Deflation in diesem Sektor ist also für den, der nur einen "einfachen Fernsehr" will, findet also gar nicht statt. Ob man hier mehr auf den Nutzwert der "basisqualitätsorientierten" abzielen tut, oder behauptet das Premium-Qualitätsniveau von vor 10 Jahren ist heute zum Basispreis erhältlich, ist eine Interpretation die von Individuum zu Individuum unterschiedlich ist.

5. Anlageprodukte

Konsumiert jemand ein Haus, oder konsumiert jemand das Wohnen in einem Haus? Das ist eine wichtige Frage wenn es darum geht ob man die Hauspreise oder die Mietpreise in die Inflationsrate einbezieht. Die Frage generell wie mit Anlageprodukten umgegangen wird ist sehr kompliziert, ebenfalls wie deren Abgrenzung. Kann man in einer Gesellschaft in der die Mehrheit in Eigentum lebt wirklich die Miete als Maßstab nehmen? Ganz genau genommen wäre dies korrekter, aber die Größe eines Marktes bestimmt deren Struktur. Wenn nur wenig zur Miete wohnen, dann haben Mietwohnungen mehr "Hotelcharackter", sind entsprechend hochpreisiger und verhalten sich vollkommen anders bei der Teuerung. Außerdem sind Sie ja nicht repräsentativ. Nimmt man die Investitionsgüter rein, dann hat man auch problematische Effekte, da hier ebenfalls der Markt des Häuserweiterverkaufens einfließen würde, der aber ignoriert wie die Preise lägen würden alle Bestandsbesitzer Ihren Besitz verkaufen und kaufen.

Fazit:

Eine Inflationszahl ist immer sehr ungenau. Dies ist umso mehr der Fall je niedrieger Sie ist. Wie zum Beispiel in den letzten  Jahrzehnten. Denn dann sind die unterschiedlichen realwirtschaftlich implizierten Preisentwicklungen von unterschiedlichen Gütern sehr dominant. Hat man jedoch ein generell höheres Inflationsniveau, welches, relativieren sich diese Unterschiede. So oder so gibt es eine Reihe an Interpretationsfaktoren die es verunmöglichen eine "korrekte" Zahl zu ermitteln.

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